Angst vor Ausgangssperre? Wir doch nicht!

Denn zur grossen Freude der Kleinen können sie während der Ausgangssperre mehr Zeit mit den Eltern verbringen. Um allen einen ansprechenden, und nicht anstrengenden Tagesablauf zu ermöglichen, erklärt unsere Expertin, warum es wichtig ist, eine Zeitleiste aufzustellen – und wie man dabei vorgeht.

Wenn zu Hause plötzlich ein ganz neuer Tagesablauf gilt, kann dies uns zunächst vor eine grosse Herausforderung stellen: Ohne im Geringsten darauf vorbereitet zu sein, sollen wir auf einmal wochenlang die Kleinen zu Hause betreuen! Und dabei vielleicht nebenher noch im Homeoffice arbeiten – wobei man, wenn man Glück hat, auf die Hilfe des Partners oder der Partnerin zählen kann. Glücklicherweise hat sich bei der Geburt eine sehr hilfreiche Fee über die Wiege Ihres Kindes gebeugt: die Fee der Routine. Heute ist es mehr denn je an der Zeit, dieses fantastische Wesen in unsere Dienste zu nehmen und von seinen Tugenden zu profitieren.

Anne Nagy, seit 20 Jahren Leiterin einer Kindertagesstätte und Eltern- und Lernstrategie-Coach, erzählt Ihnen alles, was Sie über Alltagsroutinen und Zeitleisten wissen müssen. So profitieren auch die Kleinen davon – denn aussergewöhnliche Situationen erfordern aussergewöhnliche Ideen!

Sie blicken auf langjährige Erfahrungen zurück – können Sie uns erklären, warum Routine für die Kleinen wichtig ist?

Alle Kinder profitieren von einer Alltagsroutine. Bei den Kleinen unterscheiden wir hingegen zwei Alterskategorien, die unterschiedliche Bedürfnisse haben.

Von 0 bis etwa 18 Monate:

In diesem Alter besteht die Routine darin, die Grundbedürfnisse des Kindes zu befriedigen – Ernährung und Schlaf. Wenn jeder Tag einem ähnlichen Muster folgt, lernen die Kleinsten durch Erfahrung den Ablauf von Aktivitäten und Ritualen wie das tägliche Bad oder das Lied vor dem Schlafengehen.

Von etwa 18 Monaten bis 4 Jahren:

Die Routine vermittelt Ihrem Kind ein Gefühl der Sicherheit. Denn wahrscheinlich spürt Ihr Kind, dass man sich in seiner Umgebung derzeit mehr Sorgen macht – zumal sein gewohnter Rhythmus ja ganz schön durcheinander geraten ist. Dennoch stellt diese Ausgangssperre auch eine einmalige Chance dar. Spiele, Lachen, Umarmungen und sogar das Mittagsschläfchen ermöglichen es Ihrem Kind, möglichst viele Interaktionen mit seinen Eltern «in sich aufzunehmen» – und das ist für eine gesunde Entwicklung entscheidend. Ein willkommener Bonus für die Kleinen!

Das Geheimnis (und die Schwierigkeit!) besteht dabei darin, die Bedürfnisse Ihres Kindes vor Ihre eigenen zu stellen und Arbeits- und Familienleben zu trennen. Dazu gehört auch eine massvolle Nutzung des Mobiltelefons in Anwesenheit Ihres Kindes.

Was ist eine Zeitleiste?

Um Sie bei dieser schwierigen Aufgabe zu unterstützen, schlägt unsere Tagesstättenleiterin – die zudem Mutter von zwei Kindern und Grossmutter ist! – vor, eine Zeitleiste anzufertigen. Diese gibt einen typischen Tag mit der Familie wieder und unterstützt die Beibehaltung einer Alltagsroutine.

So erstellen Sie Ihre Zeitleiste in drei Schritten:

Stellen Sie einen typischen Tag während der (Teil-)Ausgangssperre mit einer Linie dar. Es gibt viele Möglichkeiten, dies gemeinsam mit Ihrem Kind zu tun: Zeichnen Sie sie auf Papier oder Karton oder an eine Tafel – oder fertigen Sie sie aus Stoff an!

Fügen Sie Bilder, Fotos, Zeichnungen oder Objekte hinzu, die die verschiedenen Zeitpunkte des Tages illustrieren.

Drucken Sie ein Foto Ihres Kindes aus. Wenn Sie sich während des Tages verschiedenen Aktivitäten widmen, platzieren Sie das Foto gemeinsam mit Ihrem Kind an den entsprechenden Ort auf der Linie.

Grundregeln für eine Zeitleiste

  • Passen Sie Ihre Zeitleiste an die Bedürfnisse Ihrer eigenen Familie an und tauschen Sie sich diesbezüglich untereinander aus.
  • Geben Sie an, welcher Erwachsene zu welcher Zeit für das Kind da ist. Dies hilft Ihnen dabei, Arbeit und Familienzeit klar voneinander zu trennen. Ausserdem kann Ihr Kind auf diese Weise einfacher verstehen, ob Sie gerade verfügbar sind oder nicht.
  • Um Erschöpfungserscheinungen vorzubeugen, zum Beispiel weil Sie besonders früh oder spät arbeiten müssen, sollten Sie für sich selbst Ruhezeiten einplanen, und zwar während der Mittagsschlafenszeit Ihres Kindes oder indem Sie Aktivitäten festlegen, denen Ihr Kind allein nachgehen kann.
  • Erklären Sie die Zeitleiste mit einfachen Worten. Um die Verbindung zu den anderen Kindern der Tagesstätte aufrecht zu erhalten, können Sie im gemeinsamen Spiel mit Ihrem Kind zum Beispiel vorstellen, was diese gerade tun!
  • Begrenzen Sie die Zeit für eine bestimmte Aktivität: Benutzen Sie dazu eine Sanduhr, einen Küchentimer oder sogar die Weckfunktion Ihres Telefons. So vermeiden Sie es, selbst ständig als sprechende Uhr zu fungieren.

Doch vor allem sollten Sie daran denken, dass die Zeitleiste nicht dazu da ist, Ihren Alltag in eine starre Struktur zu pressen, sondern ihn gelassen und flexibel anzugehen und Ihr Kind um eine aussergewöhnliche emotionale Chance zu bereichern. Viel Spass damit!

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